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Wachteln im Erzgebirge

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Wachteln sind nicht "klein und süß" - Zumindest nicht immer

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Wachtelhenne nach Streitigkeiten mit Artgenossen

Wachteln gelten bei vielen Menschen als klein, niedlich und süß. Auch mir haben die kleinen Hühner auf Anhieb gefallen. Um so erschrockener war ich, als der erste Wachtelhahn mit eingeschlagenem Kopf im Stall saß und kurz danach tot war. Das geschah zu Weihnachten, als ich meine "10 Wachtelhennen, ungefähr 6 Wochen alt" etwa 3 Wochen hatte.

Es stellte sich heraus, dass die "10 Hennen" nur 3 Hennen waren, der Rest waren Hähne. Ich hatte mir absichtlich 10 Hennen gekauft, um "aus Spaß ab und zu ein paar Eier zum Frühstück" zu haben. Und nun das?

Wachtelhähne beginnen mit Eintreten der Geschlechtsreife, ihre Konkurrenten zu terrorisieren. Die Geschlechtsreife tritt nicht -wie so oft geschrieben steht- nach 6 Wochen ein. Das ist ein Richtwert, aber kein Dogma. Je nach Jahreszeit, Klima, Tier, Farbschlag und Ernährung kann es auch mal 8, 10 oder 12 Wochen dauern, bis man Hahn und Henne eindeutig unterscheiden kann. Beim Menschen ist es ja schließlich auch so, dass Jugendliche mit 14 schon wie 18 aussehen können oder umgekehrt. 

Bei unserem Erzgebirgsklima und 630 Metern üNN. schaffe ich es nur in warmen Sommern, dass die Wachteln nach 6 Wochen geschlechtsreif sind. Im Winter kann es 12  bis 14 Wochen dauern, bis das erste Ei im Nest liegt.

Es genügt aber, dass ein oder zwei Hähne frühreif sind. Ab diesem Zeitpunkt gibt es im Stall Gerenne und Getrappel. Man bespringt sich gegenseitig, zerrt sich an den Kopffedern und tut auch sonst alles, um dem Widersacher das Leben schwer zu machen. Da der andere Wachtelhahn nicht aus dem Stall verschwindet, steigert sich die Aggression von Tag zu Tag. Irgendwann hackt man wild aufeinander ein.

Ab diesem Augenblick haben selbst die Hennen keine ruhige Minute mehr. Nicht nur, dass sie von den pubertären Hähnen permanent bedrängt werden, auch die ständigen Streitereien nerven sie. Sie beginnen irgendwann, ebenfalls Schnabelhiebe auszuteilen.

Es gibt Züchter, welche behaupten, dass sich Hennen besser entwickeln und früher mit dem Eier legen beginnen, wenn man alle Hähne des gleichen Alters sofort aus dem Wachtelstall entfernt. Das Konzept heißt: Wer stänkert, fliegt raus. Ob das so ist, kann ich nicht bestätigen. Aber es ist gedanklich nachvollziehbar, dass Wachteln in stressfreier Umgebung besser aufwachsen. Das ist nicht nur auf Wachteln beschränkt. Auch wir Menschen fühlen uns irgendwann genervt, wenn wir permanent vom anderen Geschlecht geärgert werden. Und auch da kann der Dauerstreß in gesundheitliche Probleme umschlagen.

Ich habe keine Ambitionen, meine Legewachteln auf Ausstellungen zu präsentieren. Ich könnte mir aber vorstellen, dass man weibliche Ausstellungstiere von den Hähnen getrennt aufwachsen lässt, weil sie sonst -vom vielen Treten gerupft- kaum schick genug wären, um einen Preis zu gewinnen.

Zurück zu den Wachtelhähnen. So hart es klingt, aber außer für die Zucht gibt es im Wachtelstall keine "sinnvolle" Verwendung für sie. Erst recht nicht, wenn ein kompletter Brutvorgang zu 80 Prozent aus Hähnen besteht, was gelegentlich vorkommt. Viele Züchter füttern die Hähne bis zu einem maximalen Alter von 120 Tagen und sehen sich dann leider gezwungen, die Tiere zu schlachten. In der freien Natur haben Tierarten keine Chance, wenn ihr Nachwuchs zu 80% aus Männchen besteht.

Was also tun, wenn es zu blutigen Auseinandersetzungen kommt?  Auf jeden Fall sollte man die lädierten Tiere sofort aus dem Stall entfernen. Die anderen Wachteln kennen nämlich keine Gnade. Es wird so lange gehackt, bis das Gegenüber tot umfällt. Wie ich schon an anderer Stelle schrieb, habe ich im Frühjahr 2015 zwei schwer verletzte Wachteln gemeinsam untergebracht. Ich war der irrigen Annahme, dass sich zwei verletzte Wachtelhähne nicht mehr gegenseitig weh tun. Sie waren auch in einem Zustand, in dem sie Mühe hatten, überhaupt noch zu sitzen. Aber es  war ein Irrglaube. Sobald einer der beiden Wachtelhähne wieder etwas sehen konnte und in der Lage war, den anderen zu hacken, ging das Spiel von vorn los. 

Die Aggressionen gegen andere Wachteln sind nicht auf Hähne beschränkt. Es kann auch passieren, dass sich mehrere Wachtelhennen zusammentun und gemeinsam eine andere (meist kleinere oder andersfarbige) Wachtelhenne mobben. Das geht so lange, bis sie aussieht wie auf dem Foto oben rechts. Ihr wurde das Fleisch auf dem Kopf zum größten Teil abgehackt, man sah den nackten Schädel. Ich habe sie aber durchbekommen. Sie saß monatelang allein im Gehege, sah gruselig aus, lebt  heute (September 2016) immer noch bei mir und ist momentan 23 Monate alt. Teile des Fleisches sind am Kopf nachgewachsen, die Federn leider nicht. Sie legt wieder Eier, das Verhalten ist normal. Das hat über ein Jahr gedauert. Damit ist sie ein Einzelfall, denn andere Wachteln haben die Aggressionen ihrer Artgenossen nicht überlebt.

Die Wachtelzüchter-Gemeinde im Internet empfiehlt bei solchen Verletzungen "Blauspray", "Aluspray" bzw. "Silberspray". Es ist eine Art flüssiges Pflaster, das man auf die Wunden aufsprüht. Immerhin wird die Verletzung dadurch gereinigt bzw. desinfiziert. Eigene Erfahrungen habe ich damit nicht, weil ich das Produkt noch nicht im Handel entdeckt habe.  

Es ist übrigens möglich, Wachtelhähne als reine "Männerwirtschaft" zu halten. Dazu braucht man allerdings viel Platz, einen Stall mit vielen unübersichtlichen Verstecken, Hindernissen sowie die Garantie, dass keine Wachtelhenne in direkter Umgebung ist. Ich habe gehört, dass man die Hähne dann "proteinarm und mineralstoffarm" ernähren soll, damit die Hormone nicht mit ihnen durchgehen. "Geschroteter Mais" soll angeblich helfen, die Hähne etwas ruhiger zu bekommen. Maisschrot hat einen Rohproteingehalt unter 10 Prozent.

Aus meiner Sicht ist das lediglich eine vorübergehende Übergangslösung, aber kein Dauerzustand. 

 

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